(Pflanzliches) Glycerin (auch Glycerol), im Zusammenhang mit dem Dampfen üblicherweise VG abgekürzt, ist eine klare, eher dickflüssige und leicht süßlich schmeckende Flüssigkeit und die gebräuchliche Bezeichnung von Propan-1,2,3-triol. Als üblicher Bestandteil der Base bzw. eines Liquids dient es einer kräftigen Dampfentwicklung.
Ist pflanzliches Glycerin beim Dampfen schädlich?
Im direkten Vergleich zu Tabakzigaretten sind die Untersuchungen und Studien zu E-Zigaretten noch in den Kinderschuhen. Vor allem die teuren und aufwändigen klinischen Studien sind noch sehr rar gesät. Allerdings wird zunehmend mehr auf diesem Gebiet geforscht und auch speziell im Hinblick auf Glycerin gibt es bereits einige Erkenntnisse.
Ist Glycerin krebserregend?
Es gibt für VG eine Einstufung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), die unter anderem für die Kennzeichnungsvorschriften von Chemikalien in der EU verantwortlich ist, auf Grund einer Langzeitstudie an Ratten als nicht krebserregend.¹
Beim Erhitzen von Glycerin entstehen allerdings abhängig von der Temperatur u.a. Acrolein und Acetaldehyd.² ³ Für Acetaldehyd konnte in einer Studie⁴ nachgewiesen werden, dass es die DNA in Stammzellen beschädigt, womit sich das Krebsrisiko erhöht.
Eine andere Studie⁵ hat jedoch gezeigt, dass die beiden Stoffe (genauso wie das krebserregende Formaldehyd) unterhalb einer verlässlich nachweisbaren Menge oder gar nicht nachweisbar waren, solange im Verdampfer nur Glycerin, Wasser und Nikotin (oder auch PG) waren. Selbst in den Liquids, die noch andere Zusätze (bspw. durch Aromen) enthielten, wurden bei den Versuchen im Durchschnitt 13- bis 807-fach niedrigere Konzentrationen von Formaldehyd und Acetaldehyd im Vergleich zum Rauch herkömmlicher Zigaretten gefunden.
Wenn die Temperatur, mit der die E-Zigarette betrieben wird, zu hoch ist, steigen die Werte für diese unerwünschten Stoffe jedoch weiter. Auch eine etwas neuere Studie⁶ erfasste steigende Werte von Formaldehyd, Acetaldehyd und Acrolein bei gesteigerter Leistung/Temperatur (PG/VG/H2O-Gemisch), die aber ebenfalls erheblich geringere Konzentrationen als bei herkömmlichen Zigaretten aufwiesen.
Es ist also nicht nur um das Risiko eines Dry Hits zu senken anzuraten, die technischen Möglichkeiten der modernen Geräte nicht auszuschöpfen und sie nur bei gemäßigter Leistung zu betreiben.
Vor- und Nachteile von viel VG im Liquid
Vorteile eines hohen VG-Anteils im Liquid
- Eine stärkere Dampfentwicklung
- PG Unverträglichkeiten werden abgeschwächt oder sogar komplett verhindert
Nachteile eines hohen VG-Anteils im Liquid
- VG ist ein schlechterer Träger für Aromen als PG, daher ist eine höhere Aroma-Konzentration nötig
- VG ist dickflüssiger, wodurch es leichter zu Nachflussproblemen im Verdampfer und damit auch Dry Hits kommen kann
Wieso „pflanzliches“ Glycerin?
Vielleicht hast du es schon anhand des namens geahnt, aber Glycerin wurde und wird nicht ausschließlich aus pflanzlichen, sondern teilweise auch aus tierischen Fetten gewonnen.
Wie wird Glycerin hergestellt?
In unterschiedlichen Teilen der Welt, sind die vornehmlichen Gewinnungswege für Glycerin unterschiedlich. Während bei uns in Europa der größte Teil aus pflanzlichen und tierischen Fetten gewonnen werden soll, liefert in den USA die Biodieselproduktion und in Asien Kokos- und Palmöl die Ausgangsstoffe.⁷ Allerdings sind die Infos von 2011 und könnten sicher daher auch schon deutlich verändert haben. Es ist davon unabhängig bei allen Gewinnungsquellen so, dass Glycerin am Ende dieses Prozesses noch eine Reihe von anderen Stoffen enthält. Erst durch recht aufwändige Filter- und Destillationsprozesse wird der für das Dampfen übliche Reinheitsgrad über 99% erzielt.
Wir halten es für relativ wahrscheinlich, dass nicht überall, wo VG drauf steht, auch tatsächlich ausschließlich pflanzliches Glycerin drin ist. Vegetarier oder Veganer sollten also skeptisch sein, wenn nur Glycerin ohne weitere Angaben auf der Liste der Inhaltsstoffe aufgeführt ist. Wer ganz sicher gehen möchte, dem bleibt in der Regel nur Selbstmischen. Ein weiterer Vorteil dabei: Es kann auch auf Glycerin in Bio-Qualität zurückgegriffen werden, dass aus Kostengründen i.d.R. nicht bei Base oder Liquid zum Einsatz kommen dürfte.
Wie lange ist Glycerin haltbar?
Das MHD (Mindesthaltbarkeitsdatum), zu dessen Aufdruck die Hersteller verpflichtet sind, sagt lediglich bis wann das Produkt ohne Qualitätsverluste genießbar sein muss. Solange Du das Glycerin aber dunkel, trocken und vor allem luftdicht verschlossen lagerst (ansonsten würde es Wasser aus der Luft ziehen), kannst Du es auch darüber hinaus noch problemlos verwenden.
Was bedeutet der Zusatz E 422?
Einige Hersteller drucken den Zusatz E 422 zum Glycerin mit in die Liste der Inhaltsstoffe der Base oder des fertigen Liquids. Diese E-Nummer sagt eigentlich aus, dass es sich bei Glycerin um einen in der EU zugelassenen Lebensmittelzusatzstoff handelt, also (in üblicherweise verwendeten Mengen) nicht giftig oder in besonderem Maße bedenklich als Bestandteil von Lebensmitteln ist.⁸ Da es sich bei einigen Aromen für Liquid um Lebensmittelaromen handelt, werden sich einige der Hersteller an den dort vorgefundenen Kennzeichnungen bzw. Richtlinien orientiert haben.
Dieses Vorgehen ist zumindest fragwürdig. Es erweckt den Eindruck bei Verbrauchern, dass eine umfassende Unbedenklichkeit der Stoffe festgestellt wurde, obwohl im Zusammenhang mit dem Dampfen nach wie vor keine Langzeitstudien mit Menschen vorliegen. Bitte nicht falsch verstehen: Dies soll nicht unterstellen, dass eine solche Studie zwangsläufig eine Gefahr feststellen würde. Allerdings besteht die Möglichkeit und daher ist dieses Vorgehen eben nicht als optimal anzusehen.
Einzelnachweise
² Yolanda S. Stein, Michael Jerry Antal, Maitland Jones: Art. „A study of the gas-phase pyrolysis of glycerol“, in: Journal of Analytical and Applied Pyrolysis, Volume 4, Issue 4 (1983), S. 283-296; Online einzusehen unter: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0165237083800035 (letzter Zugriff: 20.10.2019)
³ M.J. Antal, W.S.L. Mok, J.C. Roy, A.T. -Raissi, D.G.M. Anderson: Art. „Pyrolytic sources of hydrocarbons from biomass“, in: Journal of Analytical and Applied Pyrolysis, Volume 8 (1985), S. 291-303; Online einzusehen unter: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0165237085800322 (letzter Zugriff: 20.10.2019)
⁴ Juan I. Garaycoechea, Gerry P. Crossan, Frédéric Langevin, Lee Mulderrig, Sandra Louzada, Fentang Yang, Guillaume Guilbaud, Naomi Park, Sophie Roerink, Serena Nik-Zainal, Michael R. Stratton & Ketan J. Patel: Art. „Alcohol and endogenous aldehydes damage chromosomes and mutate stem cells“, in: Nature volume 553, S. 171–177 (11. Januar 2018); Online einzusehen unter: https://www.nature.com/articles/nature25154 (letzter Zugriff: 20.10.2019)
⁵ Leon Kosmider, Andrzej Sobczak, Maciej Fik, Jakub Knysak, Marzena Zaciera, Jolanta Kurek, Maciej Lukasz Goniewicz: Art. „Carbonyl Compounds in Electronic Cigarette Vapors: Effects of Nicotine Solvent and Battery Output Voltage“, in: Nicotine & Tobacco Research, Volume 16, Issue 10 (Oktober 2014), S. 1319–1326; Online einzusehen unter: https://academic.oup.com/ntr/article/16/10/1319/2509282 (letzter Zugriff: 20.10.2019)
⁶ Otmar Geiss, Ivana Bianchi, Josefa Barrero-Moreno: Art. „Correlation of volatile carbonyl yields emitted by e-cigarettes with the temperature of the heating coil and the perceived sensorial quality of the generated vapours“, in: International Journal of Hygiene and Environmental Health, Volume 219, Issue 3 (2016), S. 268-277; Online einzusehen unter: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1438463916000158 (letzter Zugriff: 20.10.2019)
⁷ Coronado, Christian J. R.: Art. „Glycerol: Production, consumption, prices, characterization and new trends in combustion“, in: Renewable and Sustainable Energy Reviews (November 2013); Online einzusehen unter: https://www.researchgate.net/publication/270899362_Glycerol_Production_consumption_prices_characterization_and_new_trends_in_combustion (letzter Zugriff: 01.11.2019)